Die Entdeckung der Sprache (Zollinger)

Sprache entwickeln bedeutet nicht einfach Wörter und Sätze sprechen lernen – Sprache und Sprechen sind zwei ganz unterschiedliche Vorgänge. Sieht ein fünfzehnmonatiges Kind ein Auto und sagt „Auto“, so kann es zwar ein Wort sprechen – mit Sprache hat dies aber noch wenig zu tun. Was Sprache ausmacht, ist die Möglichkeit, von einem Auto zu sprechen, auch wenn kein Auto zu sehen ist, und zugleich zu wissen, dass Zuhörer das Wort „Auto“ verstehen, so dass man ihnen
etwas darüber erzählen kann.

Für die Entdeckung der Sprache als Kommunikationsmittel gelten deshalb drei wichtige Voraussetzungen:

die Möglichkeit, sich etwas nicht Vorhandenes vorzustellen (Objektpermanenz),
die Lust, dem Gegenüber etwas zu erzählen,
die Fähigkeit, ein kommunikatives Dreieck zwischen dem Ich, Du und Gegenstand herzustellen (Triangulierung).

Sprache beruht immer auf einer Dreieckssituation – sie kommt vom Menschen, ist an ein Gegenüber gerichtet und bezieht sich auf etwas Drittes, also auf einen Gegenstand oder später auf ein Thema.

Ein grundlegendes Verständnis für die Zusammenhänge von sprachlicher, kognitiver und psychosozialer Entwicklung der Kinder ist unabdingbar für das Erkennen von Sprachauffälligkeiten.

Dem Entwicklungsalter des Kindes entprechend wird die Diagnostik und Therapie in eine Spielsituation integriert.  Gefördert werden:

Spielentwicklung (Funktions-, Symbol-, Rollenspiel)
Individuationsprozess
Ich-Entwicklung
Loslösungsprozess
Sprachliche Kompetenzen (Sprachverständnis, sprachliche Imitationen, Fragen stellen,
Handlungsbegleitende Äußerungen, Aussprache, einzelne Bilder benennen, Satzbildung, etc.)
Sozial-kommunikative Kompetenzen (Namen nennen, Blickkontakt halten, Nein-sagen, •
Lächeln nach gelungener Handlung, etc.)
Praktisch-gnostische Kompetenzen (Handhabung von Gegenständen, Malen, Kneten, etc.)

(Quelle: „Die Entdeckung der Sprache.“ B. Zollinger; Haupt 1995)